Hallo zusammen,
am 8.11. veranstaltete die DGEG eine Sonderfahrt mit dem Wismarer Schienenbus zur Zeche Auguste-Victoria in Marl und zum Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund-Bövinghausen.
Los ging es kurz vor 9 Uhr am Museumsbahnsteig in Bochum-Dahlhausen. Da ich leider wegen des Lokführerstreiks mit dem Auto anreisen musste und die Fahrzeit aus dem westlichsten Westen schwer kalkulierbar ist, war ich zu früh vor Ort und hatte genug Zeit, das schlafende Museum in der herbstlichen Morgensonne zu betrachten:
Der Triebwagen füllte sich bis auf den letzten Platz und los ging es zum Bahnhof Bochum-Dahlhausen, um dort Kopf zu machen. Die 2 Weißen zur Einfahrt in die DB-Strecke waren schon da, vorher war jedoch noch Handarbeit am Tor, an der Weiche und Gleissperre gefragt:
Weiter ging es nach Essen-Steele, wo die Fahrtrichtung nach Bochum Hbf wieder gewechselt wurde. Kopfmachen bedeutet beim Wismarer, Motor aus, Führerstand wechseln und den in Fahrtrichtung vorne liegenden Motor wieder anwerfen:
In Bochum begegnete uns einer der wenigen regulären Züge, die streikbedingt unterwegs waren:
Auf dem Weg nach Marl-Sinsen überholten wir einen Zug der RBH:
Vor Befahrung der Grubenanschlußbahn mussten wir auf einen entgegenkommenden VT98 warten, der ebenfalls als Sonderfahrt unterwegs war. Verständlicherweise war Aussteigen leider nicht möglich, wäre ein schönes Motiv gewesen.
Auf der Fahrt zur Zeche kamen wir an der Bahnwerkstätte der RBH vorbei. Die Reihen abgestellter Lokomotiven zeugen vom nahen Ende des Steinkohlebergbaus und der damit verbundenen Reduzierung des Werkverkehrs. Leider konnten viele der folgenden Fotos nur während der Fahrt durchs Fenster gemacht werden:
Auf dem Betriebsgelände wurden wir freundlich empfangen, um an einer lebendigen wie sehr detaillierten Führung durch die Übertageanlagen teilzunehmen. Man konnte trotz der nahen Einstellung des Betriebes die Verbundenheit der Bergleute mit ihrer Arbeit spüren.
Bei der Verabschiedung gab unser Führer in leisen und meiner Meinung nach sehr gut formulierten Worten den Denkanstoß, ob in Ansicht der geopolitischen Lage die Stillegung und Verfüllung der Bergwerke der Weisheit letzter Schluss sei. Die deutsche Energiepolitik erinnert mich in Bezug auf unsere einzige nennenswerte heimische Rohstoffquelle, ich sage nicht Energiequelle!, an den Schildbürgerstreich, in dem sie ihre Glocke zum Schutz vor Feinden im See versenken und eine Kerbe ins Boot machen, um an der Stelle die Glocke wieder zu finden. Der Unterschied zu unserer selbsternannten politischen und wirtschaftlichen Elite ist nur der, dass die Schildbürger wenigstens versuchten, nachhaltig zu arbeiten.
Ein einmal aufgegebenes Bergwerk ist mit den heutigen technischen Mitteln nicht mehr zu öffnen. Aber Fracking wird das Problem schon lösen, die Politik wird sich dem Druck der Investoren demnächst unter fadenscheinigen Gründen beugen, da bin ich mir ganz sicher….
Einige eisenbahntechnischen Eindrücke auf dem Zechengelände:
Weiter ging es nach Bövinghausen zur Zeche Zollern. Dort hatten wir ein Zeitfenster von 3 Minuten zum Ausstieg, weil der Wismarer in Ermangelung ehemals vorhandener reichlicher Gleisanlagen nach Herne zurückfahren musste, um auf dem verbleibendem Gleis dem Planverkehr nicht im Weg zu stehen:
Nach einem Mittagessen und einer freien Zeit gab es hier ebenfalls eine spannende Führung, das perfekte Kontrastprogramm zur modernen Zeche AV:
Auch für Eisenbahnfreunde gibt es hier viel zu sehen:
Die Zeit war leider viel zu kurz, da wir um 17:30 in beginnender Dunkelheit den Triebwagen wieder besteigen mussten:
In Dortmund Hbf hatten wir noch einen kurzen Aufenthalt, wo die letzten Fotos entstanden:
Die weitere Fahrt ging über Witten nach Wengern-Ost, wo nach erneutem Kopfmachen auf die Ruhrtalbahn in Richtung Bochum-Dahlhausen gewechselt wurde. In Wengern hatten einige Jugendliche die Bahnsteigunterführung für ein Stelldichein mit Alkohol in Beschlag genommen und verließen den Ort fluchtartig nach
der vollkommen unerwarteten Begegnung der Dritten Art mit dem Schienenbus…
Die Fahrt in vollständiger Dunkelheit entlang der Ruhr (Als wahrer Rheinländer = linksrheinisch muss ich darauf achten, „ Rur“ mit h zu schreiben…) hatte einen eigentümlichen Reiz. Gegen 19:30 kamen wir wieder pünktlich im Museum an.
Es war ein wunderschöner Tag, wobei dem Wismarer (und seinen Pflegern mitsamt Fahrer) mit seinen rund 70 PS große Anerkennung für seine Betriebssicherheit zu zollen ist. Die Höchstgeschwindigkeit war 60 km/h, die auf Steigungsstrecken manchmal auch deutlich unterschritten wurde. Der Streik und die daher eher dünne Zugfolge hatte für uns den Vorteil, dass die an diesem Tag eher unterbeschäftigten Fdl uns sehr schnell und großzügig mit Hp 1 beschenkten. Im normalen Betrieb wäre wir wohl etwas öfter auf die Seite genommen worden….
Dies war wohl mein persönlicher Abschied vom Kohlebergbau, der über Jahrzehnte das Bild meiner Heimat und das Eisenbahnwesen im Aachener Revier geprägt hat. Schön, noch einmal Fals-Ganzüge gesehen zu haben……
Franz-Josef
Tour de Ruhr, mit dem Wismarer zur Kohle
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Re: Tour de Ruhr, mit dem Wismarer zur Kohle
Super Fotos auch die bei Dunkelheit.Grüße