Bad Aibling

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Lupushortus
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Bad Aibling

Beitrag von Lupushortus »

Heute wurde der vorläufige Schlussstrich zum Unglück bei Bad Aibling gesetzt. Der grobe Ablauf ist bekannt - allerdings werden diverse Details in den Medien, sagen wir mal, recht allgemein wiedergegeben. Auf mangfall24.de wird dagegen ausführlich berichtet; aber auch hier bleiben noch Fragen offen.

Ich möchte hier nicht spekulieren oder urteilen, sondern einfach ein paar weitere Fakten sammeln. Vielleicht kann ja einer der hier aktiven Tfs oder Fdls etwas beitragen. Was ich mich frage ist folgender Abschnitt der dpa, der von vielen Gazetten 1:1 wiedergegeben wird:
Bekannt wurde in dem Verfahren auch, dass die Bahn auf der Unglücksstrecke seit mehr als 30 Jahren veraltete Signaltechnik einsetzt. Eine Vorschrift von 1984, zusätzliche Anzeigen zu installieren, war nicht umgesetzt worden, wie ein Unfallexperte des staatlichen Eisenbahn-Bundesamtes aussagte. Die Bahn muss dies nur im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten tun.
Was den meisten hier im Forum sicher bekannt sein wird, ist dass auch die über 100 Jahre alte Technik der mechanischen Stellwerke feindliche Fahrstraßen zuverlässig verhindert, und dass Ersatzsignale auch bei den modernsten ESTWs alle Sicherungen übersteuern können. Alt ist also alles andere als unsicher, wie hier suggeriert wird. Was also hätte man dort installieren können, was nicht erfolgt ist? Welche "zusätzlichen Anzeigen" sind gemeint? Rotausleuchtung der Streckenblöcke?
_Peter
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Re: Bad Aibling

Beitrag von _Peter »

Lupushortus hat geschrieben:Was also hätte man dort installieren können, was nicht erfolgt ist? Welche "zusätzlichen Anzeigen" sind gemeint? Rotausleuchtung der Streckenblöcke?
Zum einen das. Zum anderen sog. Erlaubnisempfangsmelder, also Pfeile, die anzeigen, in welche Richtung der Zugverkehr gerade laufen soll.

Es ist aber bis heute nicht öffentlich bekannt, ob dort Fahrstraßen oder (Selbst-)Blocktechnik verbaut ist. Manche sagen so, andere so. Vielleicht wird im EUB-Bericht dazu etwas stehen, der etwa im Jahre 2030 veröffentlicht werden dürfte.
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DER PLANER
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Re: Bad Aibling

Beitrag von DER PLANER »

Lupushortus hat geschrieben:Was den meisten hier im Forum sicher bekannt sein wird, ist dass auch die über 100 Jahre alte Technik der mechanischen Stellwerke feindliche Fahrstraßen zuverlässig verhindert, und dass Ersatzsignale auch bei den modernsten ESTWs alle Sicherungen übersteuern können. Alt ist also alles andere als unsicher, wie hier suggeriert wird.
Naja, die mechanischen Stellwerke, die wir an der Voreifelbahn zurückgebaut haben, hatten zum Teil keine technischen Gleisfreimeldeanlagen in den Bahnhofsgleisen. Die Prüfung erfolgte per Augenschein, daher war aus dem Stellwerk der Blick auf die Gleise sicherzustellen. Auf der freien Strecke gab es zwar Streckenblock/Erlaubnisfeld, aber nicht auf allen Abschnitten Achszählkreise, sodass die Prüfung der Vollständigkeit der Züge dann ebenfalls per Augenschein (Prüfung Zugschlusssignal) oder Meldung durch das Zugpersonal erfolgen musste.

Solange die Technik funktioniert, ist das Sicherheitsniveau bei einem ESTW höher. Die betrieblichen Möglichkeiten und die Leistungsfähigkeit sowieso (u. a. wegen GWB, möglicher Signalaufwertung einer Fahrstraße und Teilfahrstraßenauflösung).
_Peter
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Re: Bad Aibling

Beitrag von _Peter »

DER PLANER hat geschrieben: Solange die Technik funktioniert, ist das Sicherheitsniveau bei einem ESTW höher.
Zumal man mit dem Befehl FPÜ sich anzeigen lassen kann, warum ein Signal nicht auf Fahrt gehen will/kann.
DER PLANER hat geschrieben: Die betrieblichen Möglichkeiten und die Leistungsfähigkeit sowieso (u. a. wegen GWB,
Geht auch mit Relais, theoretisch sogar mit mechanischen Stellwerken.
DER PLANER hat geschrieben: möglicher Signalaufwertung einer Fahrstraße
Geht auch mit Relais, siehe Reichsbahnstellwerke hinterm Zaun.
DER PLANER hat geschrieben: und Teilfahrstraßenauflösung).
Geht auch mit Relais.
Lupushortus
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Re: Bad Aibling

Beitrag von Lupushortus »

DER PLANER hat geschrieben:Solange die Technik funktioniert, ist das Sicherheitsniveau bei einem ESTW höher. Die betrieblichen Möglichkeiten und die Leistungsfähigkeit sowieso (u. a. wegen GWB, möglicher Signalaufwertung einer Fahrstraße und Teilfahrstraßenauflösung).
Habe ja auch nicht gesagt, das "alte" Technik genauso sicher ist wie die moderne, sondern nur, dass alt nicht gleichbedeutend mit unsicher ist. Schließlich haben ja auch die mechanischen Stellwerke über hundert Jahre lang zuverlässig funktioniert und den Fdl vor manchem Irrtum bewahrt. Und der Sinn von Zs1/7 ist es ja, trotz nicht funktionierender Technik, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Arbeite ich dabei aber nicht sorgfältig, kann auch mit modernster Technik ein solches Unglück passieren.

Über die Frage, wer das letzte Wort haben sollte, Mensch oder Maschine, lässt sich lange und wahrscheinlich ohne Ergebnis diskutieren.

Hätten zusätzliche Leuchtmelder das Unglück verhindert? Wir werden es wohl nie erfahren.
Danielm
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Re: Bad Aibling

Beitrag von Danielm »

Lupushortus hat geschrieben: [...]
Hätten zusätzliche Leuchtmelder das Unglück verhindert? Wir werden es wohl nie erfahren.
Doch, beim erscheinen des Eisenbahnunfall-Untersuchungsberichts. Ich warte jedenfalls gespannt darauf. Besonders, da in den Medien ja bereits die unterschiedlichsten und waghalsigsten Theorien kursierten...

Grüße
Daniel
Lupushortus
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Re: Bad Aibling

Beitrag von Lupushortus »

_Peter hat geschrieben:Zum anderen sog. Erlaubnisempfangsmelder, also Pfeile, die anzeigen, in welche Richtung der Zugverkehr gerade laufen soll.

Es ist aber bis heute nicht öffentlich bekannt, ob dort Fahrstraßen oder (Selbst-)Blocktechnik verbaut ist. Manche sagen so, andere so. Vielleicht wird im EUB-Bericht dazu etwas stehen, der etwa im Jahre 2030 veröffentlicht werden dürfte.
Laut Ticker vom Prozess handelt es sich um Fahrstraßen, ohne Erlaubnismelder.

Bin heute wie auch die letzen Tage übrigens auch fleißig auf Zs1 kutschiert worden (Strecke 2670, Richtung Köln, Reisholz, Benrath, Garath). Keine Ahnung, was da los ist?
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PhW
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Re: Bad Aibling

Beitrag von PhW »

Die erwähnten Pfeile gibt es nur dann, wenn an der besagten Stelle ein Streckenblock installiert wäre. Da es sich aber um eine Fahrstraße in ein und dem selben Stellwerk handelt, ist dies eher unwahrscheinlich, die Strecke wird also behandelt, wie eine Fahrstraße im Bahnhof. Der Fahrstraßenausschluss erfolgt also über die Stellwerkslogik.

Ein Spurplan 60 Stellwerk ist keinesfalls veraltet, liefert es doch fast den selben Funktionsumfang wie ein ESTW. Auch die aussage, ein ESTW sei leistungsfähiger, kann ich aufgrund der Bedienung und der Verarbeitungsgeschwindigkeit nicht bestätigen (es sei denn, das Stw läuft überwiegend auf Zuglenkung/Selbststellbetrieb). Ich wage zu behaupten, dass der Neubau eines Spurplanstellwerkes durchaus eine Sinnvolle und Effiziente alternative darstellen würde. Grade wenn man mal die Ersatzteilverfügbarkeit (auf die folgenden Jahrzehnte) betrachtet. Und was diese Technik alles bieten kann, sieht man gegenüber der überregional bekannten Bahnhofskapelle...

Ich finde es bedauerlich, dass der Vorteil der Spurplantechnik gegenüber einem ESTW so dermaßen verkannt wird.
Aufgrund der Digitalen Signalübertragung durch ein Netzwerk halte ich ein ESTW auch nicht für sicherer, eher im Gegenteil...

Nachdenkliche Grüße...
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