Bahnanschluss der Munitionsfabrik Espagit

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Heerwagen
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Bahnanschluss der Munitionsfabrik Espagit

Beitrag von Heerwagen »

Mittels Suchmaschine stiess ich am 1.2.05 auf folgende Mails und Fragestellungen:
18.2. 2004
Hallo Forum,

seit einigen Jahren gibt es ein Buch über die ehemalige Munitionsfabrik Espagit, die seit langem saniert und geräumt wird. Diese Fabrik lag zwischen Losheim und der Ortschaft Kehr, direkt an der heutigen belgischen Grenze. Im Buch sind auch Bilder über einen Gleisanschluß zu sehen. Weiß jemand von Euch, wo dieser Anschluß an die Strecke angebunden war und wie der Anschluß bis zur Fabrik verlief ? Man kann sich das fast gar nicht vorstellen, da die Fabrik doch höher als z.B. der Bf Losheim liegt.

Schönen Gruß
Roger Schmitz schrieb dazu:
Hallo Bahnfans,
der Anschluss begann auf der Westseite des Bahnhofs Losheim, verlief zuerst parallel mit der Strecke nach Jünkerath und "schraubte" sich in S-Kurven bis zum Werkbahnhof. Pläne davon sah ich mal bei der Vennbahn VoE - als dieser Verein noch aktiv war. Ein trauriges Kapitel.
Wenn man schon nicht mehr mit der Vennbahn fahren kann, so läd am Donnerstag wenigstens die Eifelquerbahn zum Mitfahren ein !!!
Schönen Gruß
von Roger Schmitz

Zutreffend ist laut Zeitzeugen:
Die Bahnstrecke in Normalspur verlief ab dem Bahnhof Losheim mindestens stückweise entlang der heutigen Bundesstraße 268, damals Provinzialstraße Prüm-Aachen. Auch ich wunderte mich auf der Spurensuche vor 1988 über die beträchtliche Steigung, die offensichtlich damals überwunden wurde. Da aber ab Bahnhof Losheim die Drachenzähne des Westwalls auf der mutmasslichen Bahntrasse errichtet wurden, sind Spuren von Aufschüttungen oder Abgrabungen eben nicht mehr sichtbar.
Zeitzeugin Gabriele Drees beschrieb 1986 den Streckenverlauf am Bahnhof Losheim folgendermaßen:"Von der Fabrik aus wurden alle Waggons, welche mit Granaten beladen waren, vor unserer Wohnung umrangiert, um auf die Staatsgleise hinter dem Bahnhofsgebäude zu gelangen. Diese vollbeladenen Züge fuhren Tag und Nacht zur Front nach Frankreich und besonders nach Verdun...........
.... Unser ganzes Leben an diesem Bahnhof war gefährlich; wir spielten praktisch nur auf den Gleisen vor dem Haus, auf denen der Fabrik und hinter dem Haus auf denen des Staates.
Alle Waggons wurden damals von einem Bremserhäuschen aus gebremst. ........ Eines Abends stand wieder ein mit Munition vollbeladener Zug im Bahnhof. Die Schaffnerinnen wärmten sich im Wartesaal und waren froh, etwas plaudern zu können. Sie hatten aber total vergessen, die Bremsen anzuziehen.
Da nun die Gleise nach Hallschlag hin leicht abfielen, setzte sich der Zug langsam in Bewegung, um wieder zur Fabrik zurückzufahren.Unsern Vater traf fast der Schlag; schnell sprang er auf den letzten Waggon, bremste diesen, kletterte weiter von einem Bremserhäuschen zum anderen, bis der Zug zum Stehen kam.
Er erzählte uns oft, daß dies die schrecklichste Stunde seines Lebens gewesen wäre. Es war ja auch nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn solch ein Zug zurückgefahren und aufgeprallt wäre. Anderseits wäre unser Vater zur Rechenschaft gezogen worden und hätte mit schwerer Strafe rechnen müssen.
Aber danach hat es im Wartesaal ein Donnerwetter gegeben, die Bremserinnen stoben auseinander wie die Hühner, unser Vater war schier außer sich vor Schrecken und Aufregung."
(Für mich ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Zeitzeugin sich geirrt hat, denn aufgrund der Steigung würde der Zug nicht zur Espagit zurückrollen können. ... so ist es eben mit Zeugenaussagen fg*)
Auf älteren topografischen Karten ist vor dem höchsten Punkt, kurz vor der Straßenkurve der B 268 vor Kehr, noch der Bahneinschnitt eingezeichnet, er in einem Bogen östlich Richtung Espagit führt. (Kurz vor dem ehemaligen und im II. WK gesprengten Gasthaus Haep). Er wurde in den fünfziger Jahren mit abgeräumten Bunkertrümmern und Drachenzähnen verfüllt. Auf dem Gelände der Espagit, südlich vom Camp der Firma Tauber, war der Einschnitt noch vor wenigen Jahren sichtbar gewesen.(Inzwischen auch verfüllt. Die Kreisstraße nach Scheid führte ehemals über eine Brücke quer durchs brachliegende Werksgelände, die Trassierung der Kreisstrasse im heutigen Verlauf erfolgte erst in den sechziger Jahren nach der Flurbereinigung, um dem, noch heutzutage Besitzer des Geländes, (Firma Meissner, Köln, Anlagenbau für chemische- und Sprengstoff-Industrie), eine gefällige Arrondierung ihres Altlastgeländes auf Steuerzahlerkosten zu ermöglichen. Damals war, nachdem die Neuerrichtung einer Sprengstoff-Fabrik am Einspruch der Anlieger gescheitert war, der Verkauf des Geländes und die Errichtung eines Sägewerkes beabsichtigt.) Die Bahn-Trasse verlief weiterhin bis vor wenigen Jahren sichtbar, innerhalb der Espagit östlich zu den Trümmern des Heizwerks und weiter zur Granatfüllanlage. (heute Anwesen Martin Quetsch).
Innerhalb des Werkes waren weitere Gleise gelegt und mit handbetriebenen Drehscheiben für je einen Waggon ausgerüstet. Spuren der Schotterung und Fundamente einer Drehscheibe hatte ich bei einer Begehung während behördlicher Munitionsbuddeleien entdeckt.
Die Bahnstrecke ab Losheim (Bahnhof) verlief nach 1918 durch belgisches Gebiet und wurde laut Zeitzeuge Peter Haep von dort beginnend nach 1920/21 abgebaut.
Erst nach dem begonnenen Abbau stellte man fest, dass auf dem Espagitgelände noch eine (funktionsfähige?) Lokomotive vergessen worden war, so erinnerte sich Peter Haep.
Bei der Explosion 1920 waren laut Bericht der Polizeiüberwachungsstelle Hallschlag 10 Güterwagen verbrannt oder stark beschädigt worden.
In meinen Unterlagen habe ich noch weitere Hinweise auf diesen Gleisanschluss, die ich aber bisher noch nicht wieder gesichtet (oder gesucht/gefunden) habe.
Mutmasslich war bei Baubeginn der Espagit ab 1914 eine Schmalspurtrasse gelegt, denn der Bahneinschnitt wurde laut Peter Haep erst nach 1915 gegraben, als das Heizwerk bereits funktionierte und das Gasthaus an die Wärmeversorgung angeschlossen wurde.
Landeshauptarchiv Koblenz Akte 442/10103 enhält einen Brief des Gastwirts Mathias Braun (am Bahnhof Losheim) zur Entfernung des Anschlussgleises der Espagit und erwähnt die Errichtung 1917.
Ein Schreiben der Eisenbahndirektion Köln vom 25.8.1920 besagt: ... seit Sept. 1918 hat die Firma die Fertigstellung der Anlagen auf dem Werkshof eingestellt ... Der Anschluss liegt bis km 0,7 + 90 auf zur Zeit belgischem Gebiet ....und von da ab auf deutschem Boden ...
Im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf enhält die Akte Reg. Aachen 14490
Pläne vom Bahnhof Losheim mit Parzelleneigentümern, Stand 1911/12

:wink:
[/b]
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