Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Vennbahn
Michael B.
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Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von Michael B. »

aus der ksta:
http://www.ksta.de/html/artikel/1199858329827.shtml

Wird deutsches Staatsgebiet leicht vergrößert?

Brüssel - Belgien muss möglicherweise mehrere Quadratkilometer seines Staatsgebiets an Deutschland abtreten. Medienberichte über einen drohenden Verlust belgischer Enklaven in Nordrhein-Westfalen lösten bei der Regierung in Brüssel allerdings zunächst Überraschung aus. "Die Frage stellt sich zum ersten Mal", sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Man werde den Fall prüfen, sobald offizielle Informationen vorlägen.

Der Abbau der seit 2001 stillgelegten Vennbahn im Osten des Königreichs könnte den Verlust mehrerer Flächen zur Folge haben, hatte die Zeitung "Le Jour Verviers" gemeldet. Die belgische Bahnlinie führt streckenweise über deutsches Territorium. Folgeabkommen zum Versailler Vertrag von 1919 sprachen die Strecke samt Bahnhöfen und Nebenanlagen dem Königreich Belgien zu.

"Internationale Konsequenzen"

Der Regierungskommissar im Bezirk Eupen-Malmedy-Sankt-Vith, Marcel Lejoly, weist laut Zeitungsbericht auf "internationale Konsequenzen" des Rückbaus der Bahnstrecke hin. "Ich habe das Problem aufgeworfen, als der Betrieb der Vennbahn eingestellt wurde", sagte der Beamte dem Blatt. "Jetzt, wo die Gleise entfernt werden, stellt sich die Frage erst recht."

Lejoly bereitet den Angaben zufolge einen Bericht an das belgische Außenministerium vor. "Wir haben offiziell noch nichts bekommen", sagte Ministeriumssprecher Marc Michielsen. Sobald der Bericht vorliege, werde der juristische Dienst historische Dokumente prüfen. Kontakte mit der Bundesregierung hat es nach belgischen Angaben in dieser Frage noch nicht gegeben.

Die betroffene Eisenbahnstrecke südlich von Aachen führt von Roetgen nach Kalterherberg. Anfang Dezember 2007 wurde nach Angaben des Vennbahn-Vereins mit dem Abbau der Gleise zwischen Monschau und Kalterherberg begonnen. Ende 2001 war der Betrieb der Touristikzüge auf der Strecke durch Eifel und Ardennen eingestellt worden. Auf der Trasse soll ein Radweg entstehen. (dpa)
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bluesbrother
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von bluesbrother »

Dann könnte der ehemalige Bahnkörper doch einfach belgisches Staatsgebiet bleiben und der neue Radweg samt seiner auf ehemaligem Bahngebiet liegenden Anlagen und Gebäuden (Fahrradverleih, Fahrradwerkstatt, Touristikbüro) wäre dann ein belgischer Radweg mit belgischen Verkehrsschildern und Verkehrsvorschriften.
Dürfte doch in einem geeinten Europa kein Problem sein und im deutsch-belgischen Grenzgebiet schon lange nicht. Frag doch mal die Bewohner des Venn, was die von der ganzen Sache halten. Vielleicht kann ich Ende des Monats in Eupen was dazu erfahren.
Gruß aus der Nordeifel!
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Clemens Kistinger
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von Clemens Kistinger »

Das ist übrigens kein Bruch des Vertrages, sondern einfach eine Unwirksamkeitwerdung des Paragrafen, der die Vennbahn zu belgischem Staatsgebiet erklärte.
Dadurch, dass die Gleise abgebaut werden, wird der Paragraf unwirksam und damit muss das Gelände, da es innerhalb der deutschen - ebenfalls damals festgelegten - Staatsgrenzen liegt, deutsch werden....

Aber die Vorstellung eines belgischen Radwegs finde ich lustig....
Clemens Kistinger
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Sendungen online aufzeichnen und dann herunterladen:
http://www.onlinetvrecorder.com/?ref=904570
aberdon
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Vertrag zwischen Belgien und Deutschland für die Strecke

Beitrag von aberdon »

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Michael B.
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von Michael B. »

noch etwas dazu aus der BZ:

Schienenfrei zurück nach Deutschland
34 Kilometer Bahndamm, im Versailler Vertrag Belgien zugesprochen, könnten an die Bundesrepublik fallen

Alois Berger

Das Jahr 2007 war kein gutes Jahr für Belgien und 2008 könnte es noch dicker kommen. Zwar hat das Land nach sechs Monaten Nord-Süd-Streit wieder eine Regierung, aber jetzt bröckelt der Ostrand. Belgien wird womöglich ein paar Hektar Staatsgebiet an Deutschland verlieren.

Grund dafür ist der Abbau der alten Vennbahn-Gleise. Denn der Bahndamm macht zwischen Roetgen und Kalterherrberg eine 34 Kilometer lange Schleife durch Deutschland, wurde aber im Versailler Vertrag von 1919 Belgien zugesprochen. Der Kriegsverlierer Deutschland musste die Gebiete um Eupen und St. Vith an den Nachbarn Belgien abtreten und die Vennbahn einschließlich ihrer Gleisanlagen mit.

Die Vennbahn, mit der Kaiser Wilhelm I. die Industriegebiete in Luxemburg und Lothringen mit denen des Deutschen Reiches verbinden wollte, hatte stets auch militärische Bedeutung. Als Belgien im Zweiten Weltkrieg erneut von Deutschland besetzt wurde, diente die Bahn auch gleich wieder als Nachschublinie für die deutschen Truppen an der Westfront. Beim Rückzug jagten deutsche Sprengkommandos dann Brücken und Gleisanlagen in die Luft, wenig später wurden sie von den US-Truppen wieder repariert - als Nachschublinie der Alliierten. Seitdem fuhr die Vennbahn mit Lokomotiven aus Amerika.

Nach dem Krieg ging es mit der Bahn bergab. 1991 wurde der Linienverkehr eingestellt, 2001 rollte der letzte Nostalgiezug mit Dampflok von Raeren nach Roetgen. Auf dem Bahndamm soll jetzt ein Fahrradweg angelegt werden, vor wenigen Wochen wurden die ersten Schienen abmontiert. Prompt meldet der zuständige belgische Regierungskommissar Marcel Lejoly Bedenken an. Ohne die Vennbahn-Gleise falle für Deutschland der Grund für die Gebietsabtretung von 1919 weg, das könne "internationale Konsequenzen" haben. Leo Kreins von der deutschsprachigen Regionalregierung im belgischen Eupen hält das für Unsinn. "Die Bürgermeister dort klatschen in die Hände," versichert er, "wenn wir entlang ihrer Dörfer einen schicken Radweg bauen".
Berliner Zeitung, 10.01.2008
Michael B.
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von Michael B. »

aus der AZ:

Wie ein Radweg Belgien ein Stück kleiner machen könnte

Ostbelgischer Regierungskommissar bringt beim Abbau der Vennbahntrasse deutsche Ansprüche ins Spiel, die gar keiner stellt

Eupen/Aachen. Als "Sturm im Wasserglas" bezeichnet Minister Bernd Gentges von der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens gestern Meldungen, nach denen Belgien möglicherweise ein paar Quadratkilometer Staatsgebiet an Deutschland abtreten müsse. Es gebe auch keine deutsche Stelle, die darauf Anspruch erheben würde.

Der Tourismusminister reagiert damit auf Überlegungen des Regierungskommissars des Bezirks Eupen-Malmedy-St.Vith, Marcel Lejoly, nach denen die Rückgabe des Staatsgebiets eine Konsequenz aus dem Abbau der Vennbahntrasse sein könnte – wenn denn Deutschland darauf Anspruch erheben würde.

Ein Teil des durch deutsches Gebiet führenden Eisenbahnkörpers der Vennbahn war infolge des Versailler Vertrags nach dem ersten Weltkrieg an Belgien abgetreten worden. Laut Auskunft von Gent-ges wurden diese Abtretung in mehreren Abkommen bis in die 70er Jahre hinein von deutscher Seite als endgültig bestätigt.

Im Übrigen, wohl auch aus diesen rechtlichen Gründen, werde die Eisenbahnstrecke erstens nicht vollständig abgebaut, und zweitens so, dass sie theoretisch "jederzeit als Eisenbahntrasse reaktiviert werden könnte", so Gentges.

Bekanntlich wird die ehemalige Vennbahnstrecke derzeit als Teil eines europäischen Radwanderwegs umgewidmet. Abgebaut werden dazu, im Laufe der nächsten Jahre, die Schienen zwischen Raeren und Kalterherberg. Ein sechs Kilometer langes Teilstück zwischen Monschau und Kalterherberg soll laut Plan noch im Januar von den Schienen befreit sein. Im fraglichen belgischen Gebiet liegt die momentan noch mit Schienen bestückte Teilstrecke zwischen Raeren und Roetgen.

Es gibt auch keinerlei Hinweise, dass von deutscher Seite Ansprüche auf dieses Gebiet erhoben würden. Der dafür unmittelbar zuständige Landrat des Kreises Aachen, Carl Meulenbergh, sagte dazu auf Anfrage: "Wir erheben keinen Anspruch, weil wir das Interesse haben, gemeinsam etwas zu machen: diesen schönen Radweg. Da werden wir doch keinen Sand ins Getriebe werfen."

Ob irgendwann irgendjemand in einem deutschen Ministerium nicht doch einmal auf diese Idee kommen würde, kann Meulenbergh natürlich nicht ausschließen. Es spricht aber nichts dafür, dass das eine gute Idee wäre.

In Berlin ist das Thema immerhin bekannt. Dort gehe es derzeit in Gesprächen zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem Auswärtigen Amt um die Aufklärung des Sachverhalts "beziehungsweise um eine völkerrechtliche Begutachtung".(abt)
charlytrain
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von charlytrain »

Und das steht in einer in Hannover erschienenen Tageszeitung:
„Muss Belgien Gebiete an Deutschland abtreten?
Brüssel – Ostbelgien droht möglicherweise der Verlust einiger Quadratkilometer Fläche an Deutschland. Grund ist das Ende einer belgischen Eisenbahnlinie, die Deutschland stellenweise kreuzt. Eine Klausel im Versailler Vertrag von 1919 sieht zwar vor, dass das Gebiet entlang der durch Deutschland verlaufenden Schienen zu Belgien gehört. Aber die Vennbahn verkehrt seit einigen Jahren nicht mehr.“

Die 1956 geschlossene Vereinbarung regelt lediglich den Verkehr und Betrieb auf der Vennbahn und hat auch Eingang in die den Betrieb und Verkehr auf der Vennbahn tangierenden Vorschriften der DB und SNCB gefunden. Sie regelt nicht den Status des Bahngeländes nach Aufgabe des Bahnbetriebes!

Der völkerrechtliche Status der Vennbahn wird nach wie vor im Vertrag von Versailles vom 28. Juni 1919 in den Artiken 27, 35 und 371 und 372 geregelt. Für die Vennbahn zwischen Raeren und Kalterherberg wurden durch eine Interalliierte Kommission eine spezifische Regelung mit Wirkung zum 1. November 1922 aufgrund der vorgenannten Artikel erlassen.
Der Abbau des 2. Gleises 1935 erforderte immerhin ein Zusatzabkommen zwischen Belgien ind Deutschland welches im Reichsgesetzblatt 1935 Teil II S. 751 -764 veröffentlicht wurde.
Ich denke, das wird noch eine interessante Sache geben...
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kpo9
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von kpo9 »

Ich denke so eine Unsinige Diskussion im "einigen Europa"....

Immer noch schade um die Schöne Strecke...

Gruß KPO9
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Heiner Schwarz
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Königreich Belgien ist immer besser als das Kurfürstum ...

Beitrag von Heiner Schwarz »

... aus der Zeughausstraße zu Köln, in dem das Eisenbahnrecht nach Gutsherrenart auslegt wird.

Solange die Strecke nicht endwidmet wird, ist es nicht schlecht und wenn sie irgendwann entwidmet werden sollte, wird es interessant.

--- es bleibt interessant - beste Grüße und Gutes Neue vom Heiner Schwarz
Rolf
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von Rolf »

Wenn Belgien den Radweg baut und finanziert, der durch deutsches Gebiet führt, wäre es doch unsinnig, die Rückgabe der Trasse zu verlangen. Würde mich daher stark interessieren, wie man sich die Finanzierung vorstellt!
charlytrain
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von charlytrain »

Aktuell heute morgen im WDR-Videotext:

"Belgien behält Exklaven in Deutschland

Deutschland und Belgien halten am Ver-
lauf ihrer Grenze fest, auch wenn die
belgische Vennbahn durch Eifel und Ar-
dennen zu einem Radweg umgebaut wird.
Die Grenzfragen seien abschließend ver-
traglich geregelt, hieß es am Donners-
tag aus dem Auswärtigen Amt und dem
belgischen Außenministerium.

Die Bahntrasse gehöre weiter zu Bel-
gien. In Folgeabkommen des Versailler
Vertrags von 1919 wurde der Schienen-
strang samt Bahnhöfen dem Königreich
Belgien zugesprochen. So entstanden
eine Reihe von Enklaven in NRW."

Somit ist das Schicksal des Vennbahn-Radweges geklärt und es wird es weiterhin die "Löcher im Pelz" (so der Titel einer Fernsehsendung über die Exklaven in der Eifel) geben
Rolf
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von Rolf »

Und wer finanziert dann den Radweg?
charlytrain
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von charlytrain »

Die Deutschsprachige Gemeinschaft Ostbelgiens über EU-Interreg..., also über die deutschen Beiträge zur EU mittelbar auch anteilmäßig der deutsche Steuerzahler :wink: :wink: :wink:
Lupushortus
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Versailler Vertrag gebrochen: Leben in Zwei Ländern

Beitrag von Lupushortus »

Heute berichtete die Rundschau im Artikel "Leben in Zwei Ländern" über die Folgen des Status der Bahn für einen Anwohner, der das "Glück" hat, durch die "belgische" Bahn mit seinem Haus in zwei Ländern zu wohnen; es lebe die Bürokratie!

http://www.rundschau-online.de/html/art ... 2077.shtml

Gruß, Marco

P.S: Ist zwar etwas OT, aber wo wir schon bei Grenzkuriositäten sind, lohnt sich ein Blick auf das belgisch/niederländische Städtchen Baarle, siehe Google Maps und Wikipedia
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Mayen West
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Re: Versailler Vertrag gebrochen?? (ksta)

Beitrag von Mayen West »

In der Tat, diese Grenzziehung in Baarle ist schon bemerkenswert!

Aber spinnen wir mal weiter:

Was würde passieren wenn der "Streit" zwischen Flamen und Wallonen eines Tages
eskaliert und Belgien auseinanderbrechen würde.
Hin und wieder hört man ja davon in der Presse!
Würden die deutschprachigen Ostkantone dann an Deutschland angeschlossen?
Oder machen die es dann wie im Kosovo und wollen einen unabhängigen Staat?
In Europa ist heute fast alles möglich - es lebe die Kleinstaaterei!!! :mrgreen:
Wer was zu lesen hat sollte sich glücklich schätzen, und wer lesen kann ist klar im Vorteil!
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