Wangerooger Tagebuch, Woche 1

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locotracteur
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Wangerooger Tagebuch, Woche 1

Beitrag von locotracteur »

Hallo zusammen,

Der diesjährige Sommerurlaub ging (wieder einmal) auf die Insel Wangerooge. Kein Auto, Entschleunigung, vielleicht etwas Sonne und… natürlich die Inselbahn!

Auf den ersten Blick mag man einer Bahn mit rund 4 km im Wortsinn überschaubaren Strecke Strecke, 2 Lokbauarten, einem einheitlichen Personenwagenpark und gerade mal 2 Güterwagenbauarten, die teilweise recht modern daher kommen, nichts abgewinnen. Stimmt schon, von dem rollenden Museum, das ich bei meinem ersten Besuch 1987 kennen gelernt habe, ist auf der Insel fast nichts übrig geblieben. Trotzdem hat auch die moderne Inselbahn nach vielen Besuchen für mich immer wieder neue Fotomotive zu bieten.

Am Samstag, den 24. Juni stand die Anreise nach Hooksiel an der Küste an. Freunde am Abend besuchen, etwas Grillen und am nächsten Tag mit der ersten Fähre rüber.

Die Fahrt ging zuerst nach Norden, nicht nur in die Richtung, auch in die gleichnamige Stadt. Meine Frau macht hier gerne einen kleinen Stadtbummel, für mich Gelegenheit, dem Bahnhof einen Besuch abzustatten. Hier betreibt die rührige MKO, die Museumseisenbahn Küstenbahn Ostfriesland e.V., die Reststrecke der legendären Küstenbahn bis Dornum. Zwischendurch fehlen 15 km, der östliche Teil wird von Sande aus bis Esens im regulären ÖPNV betrieben.
Bei früheren Besuchen habe ich mehrmals die Strecke bereist. Auch ohne Dampfbetrieb finde ich es immer wieder schön, hinter einer V60 durch die Landschaft zu fahren. Heute stand nur Fotografieren von der DB-Seite an. Natürlich regnete es, wie immer, wenn ich dort bin. Neben 2 RE nach und von Norddeich fielen mir auf der MKO-Seite einige Rottenkraftwagen auf. Ich mag die kleinen Gelben sehr, besonders wenn es sich um KLV 50/51 handelt. Die MKO hat ein sehenswertes Exemplar mit einem interessanten wie gut gelungenen Eigenbauführerhaus:

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Ein kurzer Halt in Norddeich brachte leider keinen Dosto-IC, sondern nur Dosto- ohne IC vor die Linse:

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Nach einer Fahrt entlang der Küste ging es nach Wilhelmshaven, wo das interessante Stellwerk die überwiegende Tristesse aufwertete:

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Danach verbrachten wir einen schönen und leckeren Abend bei unseren Freunden.

25. Juni:

Harlesiel: Koffer aufgeben, Fahrkarten kaufen und Auto parken sind Standardvorgänge. Der Urlaub fängt an, wenn die Fähre ablegt und man bei guter Sicht die Ferienwohnung schon mit bloßem Auge sieht.

Wangerooge Anleger: Das Urlaubsgefühl wird jäh unterbrochen, wenn sich Menschenmassen mit viel Handgepäck in zu wenige für diese Verkehrsart nicht geeignete Wagen drängen müssen. Zusätzlich gibt es einen gewissen Anteil an cleveren Zeitgenossen, die ihre Koffer nicht aufgeben, um ein paar Euro zu sparen… So wird die an sich herrliche Fahrt durch das Wattenmeer oft zur Nervenprobe. Hier kommt der Servicegedanke der privatisierten DB zum Tragen: Die Personenwagen sind billige Repliken der alten Mosbacher, die wenigstens über vernünftige Gepäckablagen verfügten. Anstatt Millionen in sinnfreie Werbung zu stecken, wäre man besser beraten, den Kunden hier mit vernünftigem Service zu empfangen. Gibt es doch viele Fahrgäste, die hier erstmals einen direkten Kontakt zur Eisenbahn bekommen und sofort einen bleibenden Eindruck à la Köln-Hbf im Berufsverkehr mitnehmen. Schade!

Wangerooge Ort:

Standard-Vorgang Nr. 2: Gepäck abholen, Wohnung beziehen (Schlüssel steckt), Zugmeldung an den Wohnungsverwalter, Einkaufen, Fahrräder mieten, fallen lassen….

Die ersten Fotos vom Balkon der Fewo, 13:15: Zug zum Anleger bei Flut im Wattenmeer:


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Später folgte noch der Müllzug (Sonntags!) und der geschobene letzte Zug des Tages zum Bahnhof:

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26. Juni:

Die Inspektion des Bahnhofs stand an, was hat sich verändert? Die Natur verbündet sich mit alten Drehgestellen, aber wichtiger, der Park z-gestellter Wagen wurde verschoben bzw augenscheinlich dezimiert. Ich wusste noch nicht, dass die Operation „Christo“ schon in vollen Gange war. Über die Jahre hat man einige Eisenbahner kennengelernt, so dass der Wiedererkennungseffekt für den Bekloppten mit dem Fotoapparat Jahr für Jahr steigt. So erfuhr ich auf dem Bahnhof, dass das unschöne brachliegende Gelände inclusive Abstellgleis von der DB an einen Investor verkauft wurde, der dort Wohnanlagen gehobenen Komforts schaffen will. Auch auf Wangerooge hat ein Sylt-Effekt eingesetzt, der in Niedrigzinszeiten die Immobilienpreise explodieren lässt. Ob diese von Teilen der Kommunalpolitik befeuerte Entwicklung der Insel als Familienurlaubsort und den Einwohnern auf Dauer bekommt, ist mehr als fraglich! Spätestens wenn in der Zedeliusstraße Schöne und Reiche demonstrativ gelangweilt an Auslagen von Cartier und Gukki oder wie das heißt vorbeiflanieren, ist die Insel tot.

Zurück zur Bahn: Mit dem Verkauf des Geländes nimmt man sich intelligenter Weise jede Möglichkeit, das an seine Grenzen stoßende Betriebsgelände zu verändern oder zu erweitern. Aus der Not heraus hat man einige Z-Wagen auf die andere Seite des BÜ verfrachtet:

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Eine Gruppe von Eisenbahnern bestieg den Zug zum Anleger und wurde den Inselbahnern freundlich verabschiedet. Das waren Fdl, die in Schortens-Heidmühle an der Küstenbahn Dienst verrichten und demnächst von dort aus per Telefon den Zugbetrieb auf der Inselbahn leiten sollen, um den örtlichen Zugleiter einzusparen. Wer den teilweise intensiven Verkehr auf Wangerooge kennt, wird da so seine Zweifel haben. Wenn ich einmal die Herrschaft in diesem Land an mich reiße, werde ich verfügen, dass jeder Entscheidungsträger bei der Bahn nachweislich eine Modellbahn mit mehr als 2 Weichen erfolgreich betrieben haben muss, sonst wird das nix mit dem Job!

Das windige, klare Wetter versprach eine gute Sicht. Also, rauf auf den Leuchtturm. Neben dem Überblick auf die Bahnhofsanlagen ergab sich eine gute Streckensicht bis zum Anleger, im Hintergrund die Insel Spiekeroog:

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Kurz vor 17 Uhr begegneten sich ein Zug vom Anleger mit einer Fahrt zum Westen in der Saline:

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27. Juni:

6:51 Uhr: Der nur mäßig ausgelastete Güterzug kehrt bereits zurück. Diesmal ist eine Schöma im Einsatz. Der Zug wird immer geschoben, um den ersten Zugteil ohne Umsetzen am Güterschuppen anlanden zu können. Die Wagen zum Freiladegleis müssen anschließend von der Lok umfahren werden:

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Überraschung beim Frühstück, das Tele war leider noch auf der Kamera. Die Fortführung der Operation Christo: Überführung der restlichen Z-Wagen in den Westen mit Angstlok voraus. Normalerweise hat man mit dem Fahrrad bei Gegenwind keine Chance, vor dem Zug im Westen zu sein. Wenn ich gewusst hätte, dass das soo langsam geht, hätte ich den Kaffee kalt werden lassen:

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Nach getaner Arbeit kommen beide Schömas Lz aus dem Westen zurück. Schön wäre es gewesen, hätte man die Loks zusammengekuppelt…..

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Verständlicher Weise drängte es mich in den Westen, wo die „Betriebsreserve“ das Abstellgleis bis zum Grenzzeichen füllte. Vorher gab es noch den Müllzug:

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28. Juni:

Keine Fotos

29. Juni:

Gegen 7:30 kehrt der geschobene Güterzug im Dunst vom Anleger zurück:

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10 min später verlässt die andere Schöma den Bahnhof mit dem ersten Personenzug. Die Dohle und der Nebel geben dem Ganzen einen morbiden Touch:

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Um 8:32 begibt sich eine Schöma mit einem Wagen auf Tour. Eine ungewöhnliche Fuhre, die meine Neugier weckt. Ich sehe später, dass die Fuhre Richtung Westen abbiegt. Ich ahne noch nicht, dass ich bald am Höhepunkt der Operation Christo teilhaben darf.

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Etwas später im Westen angekommen, sehe ich den Zweck der Fahrt: Die 4 Bahner sollen den Z-Park mit Planen verhüllen. Die Operation Christo läuft ihrem Höhepunkt entgegen. Die Kollegen verzichten in aller Bescheidenheit darauf, bei dieser Arbeit fotografiert zu werden…

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Am Hafen ergab sich eine schöne Spiegelung des Steinewerfers, der tideabhängig lautstark rund um die Uhr Baumaterial aus Frachtschiffen auf LKW zur Deichfestigung verlud:

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Nebenher spielten sich die täglichen Szenen des Güterverkehrs ab:

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Die Rückleistung zum Bahnhof:

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Der eingenebelte Leuchtturm verdeutlicht die Wetterlage für den Rest des Tages:

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Gegen 17:30 gab es noch eine kombinierte Fahrt Güterzug /Müllzug:

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30. Juni:

Vornehm: Ein Lesetag, im Klartext: Schietwedder:

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Um 11:30 machten sich ein Gepäckzug und der reguläre Personenzug auf den Weg ins graue Wattenmeer:

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Später kam die Lok mit den Flachwagen für den Gepäcktransport zurück, die Personenwagen blieben im Hafen. Das ist eine neue Betriebssituation und ist mir in den Vorjahren nicht vor die Linse gekommen:

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01. Juli:

Der Tag versprach zuerst nichts Gutes, wurde jedoch gegen Abend besser:

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Hiermit beende ich Teil 1, die zweite Woche brachte noch weitere, interessante Aspekte des Inselbahnbetriebes.

Franz-Josef
Zuletzt geändert von locotracteur am Sonntag 23. Juli 2017, 19:36, insgesamt 1-mal geändert.
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eifelhero
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Re: Wangerooger Tagebuch, Woche 1

Beitrag von eifelhero »

Hallo Franz-Josef,
vielen Dank für die "Urlaubsreise". :)
gruß aus der Eifel
Heinz
Lupushortus
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Re: Wangerooger Tagebuch, Woche 1

Beitrag von Lupushortus »

Klasse Bilderbogen - macht Lust, dort auch mal einen Besuch abzustatten. Besten Dank für die tollen Bilder - mein Favorit: Die "morbide Dohle..."
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bluesbrother
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Re: Wangerooger Tagebuch, Woche 1

Beitrag von bluesbrother »

Schöner Bericht vom doch recht komplexen Betrieb der Inselbahn. Das wird für die Fahrdienstleiter in Schortens-Heidmühle dann etwas unruhiger, wenn die demnächst die Arbeit des Wangerooger Zugleiter übernehmen müssen. Ob dann noch die Fahrten in Sichtweite hinterherfahren dürfen, wage ich zu bezweifeln.
Gruß aus der Nordeifel!
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